Tiefentladene Lithium-Ionen-Akkus wieder aufladen?
Liefert ein Lithium-Ionen-Akku (auch als Li-Ion oder LiPos bekannt) keinen Strom mehr und lässt sich auch nicht mehr aufladen, kann der Grund dafür eine so genannte Tiefentladung sein. Meist bleibt dann nur noch die fachgerechte Entsorgung des Akkus. Im Internet findet man teilweise Anleitungen, wie man tiefentladene Akkus wiederbeleben kann. Da die Brandgefahr bei Lithium-Ionen-Akkus nach einer Tiefentladung besonders hoch ist, erklären wir hier:
- Was eine Tiefentladung ist.
- Wie eine Tiefentladung entsteht und wie Sie sie vermeiden.
- Warum man tiefentladene Akkus nicht wieder aufladen sollte.
- In welchen Fällen man tiefentladene Akkus wiederbeleben kann.
Was ist eine Tiefentladung bei Akkus?
Beim Laden und Entladen von Lithium-Ionen-Akku werden vereinfacht gesagt Lithium-Atome in Lithium-Ionen und Elektronen aufgetrennt. Beide wandern dann auf unterschiedlichen Wegen von einem Pol zum anderen – beim Laden in die eine Richtung, beim Entladen in die andere. Geht beim Entladen des Akkus der Vorrat an Lithium zur Neige, sinkt die Spannung immer weiter ab, bis sie unter die sogenannte Entladeschlussspannung fällt. Dann kann es zu weiteren, unerwünschten chemischen Reaktionen kommen, die den Akku nachhaltig schädigen.
Man kann eine Tiefentladung daran erkennen, dass die Spannung sogar im „Leerlauf“ unterhalb der Entladeschlussspannung liegt. Diese Spannung hängt vom Zelltyp ab und liegt pro Zelle etwa bei
- 2,5 Volt für klassische Lithium-Ionen-Akkus
- 3,3 Volt für Lithium-Polymer-Akkus (LiPos)
- 2,0 Volt für Lithium-Eisenphosphat-Akkus
Wann eine Tiefentladung entsteht und wie Sie sie vermeiden.
Letztlich entsteht eine Tiefentladung bei Akkus dann, wenn sie zu stark entladen werden. Häufige Ursachen sind:
- Ein Akku wird in einem Gerät länger eingelagert. Die meisten Geräte verbrauchen auch abgeschaltet weiter Strom. Akkus von Elektrowerkzeugen, Motorrädern, Rasenmähern oder E-Bikes sollten daher ausgebaut oder zumindest abgeklemmt werden, bevor sie z.B. für den Winter eingelagert werden.
- Selbst abgeklemmte Lithium-Ionen-Akkus verlieren wenige Prozent an Ladung pro Monat. Daher sollten Sie Akkus nie (fast) leer einlagern und sie bei langer Lagerung zwischenzeitlich aufladen.
- Moderne Geräte – oder die Akku-Packs selbst – sind mit Batteriemanagementsystemen ausgestattet, das den Akku abschalten, bevor es zu einer Tiefenentladung kommt. Das setzt aber voraus, dass man nur Akkus und Geräte verwendet, die aufeinander abgestimmt sind. Sonst kann es sein, dass das Batteriemanagement im Gerät von einer falschen Entladeschlussspannung ausgeht.
Warum man tiefentladene Akkus nicht wieder aufladen sollte.
Ein tiefentladener Lithium-Ionen-Akku ist in der Regel nachhaltig geschädigt, sodass er nicht mehr die Kapazität oder Leistung eines neuen Akkus erreichen wird. Daher lohnt es sich meistens ohnehin nicht, einen tiefentladenen Akku wiederzubeleben. Das Aufladen ist nämlich auch mit Risiken verbunden:
Wird ein tiefentladener Lithium-Ionen-Akku wieder aufgeladen, können sich aus Lithium oder anderen Materialien der Elektroden wie Kupfer sogenannte Dendriten bilden. Diese kann man sich wie einen kleinen metallischen Sporn vorstellen, der mit jedem Ladevorgang weiter wächst und dabei auch die Membran zwischen den Elektroden durchstoßen kann. Erreicht er die andere Elektrode, entsteht ein Kurzschluss, der zu einem thermischen Durchgehen führen kann. Das bedeutet, dass der Akku unter hohem Druck Feuer speit oder sogar explodiert.
Tiefentladene Akkus stellen auch Einzelhändler und andere Annahmestellen für alte Batterien und Akkus vor Herausforderungen. Die Akkus sind potentiell gefährlich und sollten daher sicher gelagert werden. RETRON hilft gewerblichen Kunden beim gefahrlosen Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus und bei ihrer Entsorgung. Kontaktieren Sie uns.
In welchen Fällen man „tiefentladene“ Akkus wiederbeleben kann.
Liegt die Leerlaufspannung einer Zelle deutlich unter der Entladeschlussspannung, kann man sie abschreiben. Normalerweise wird die Spannung (z.B. durch das Ladegerät) aber nicht an den Zellen direkt, sondern an den Polen gemessen. Hat ein Akku-Pack ein eigenes Batteriemanagementsystem, kann es sein, dass die Zellen bereits vor Erreichen der Entladeschlussspannung von den Polen getrennt werden, um eine Tiefentladung zu vermeiden. In dem Fall kann der scheinbar tiefentladene Akku wiederbelebt werden.
Ein Akku, der nur scheinbar tiefentladen ist, hat grundsätzlich eine Leerlaufspannung von 0 V an den Anschlüssen. Damit kann man aber noch nicht sicher sein, dass die Zellen wirklich nicht tiefentladen sind. Wer sicher gehen will, muss den Akku-Pack öffnen und die einzelnen Zellspannungen messen. Liegen alle über der Entladeschlussspannung, kann man den scheinbar tiefentladenen Akku wieder aufladen:
Um den Lithium-Ionen-Akku wiederzubeleben, muss man während des Ladevorgangs an die Pole eine Spannung anlegen, die einem nicht tiefentladenen Akku entspricht – entweder über eine externe Spannungsquelle oder durch Parallelschalten eines baugleichen Akkus. Sobald das Batteriemanagement die Zellen freigeschaltet und das Ladegerät den Ladevorgang gestartet hat, kann man die Spannungsquelle wieder entfernen.
Wir raten nicht fachkundigen Nutzern davon ab, tiefentladene Lithium-Ionen-Akkus wieder aufzuladen. Schon alleine das Öffnen des Akku-Packs kann gefährlich sein. Und das “Wiederbeleben” von tatsächlich tiefentladenen Akkus kann zu einer Explosion führen.